Oriens-Occidens verbindet Christen
verschiedener Kirchen aus Ost und West
Seminar zur Fastenzeit 2020
„Wenn das Herz uns auch verurteilt, Gott ist größer als unser Herz“
Längst ist es Tradition bei Oriens-Occidens geworden, zur Vorbereitung
auf die Fastenzeit, sich zu Einkehrtagen zusammen zu finden. Dazu
bietet das Collegium Orientale nicht nur einen wunderbaren Rahmen, es
zeigt sich auch in seiner Gastlichkeit von der besten Seite.
Auch dieses Jahr war der Geistliche Beirat Archimandrit Dr. Andreas-
Abraham Thiermeyer Referent und Zelebrant. Unter dem Titel „Wenn
das Herz uns auch verurteilt, Gott ist größer als dein Herz“ (sein eigener
Primiz-Spruch!) sprach er in seinen Referaten ein Thema an, das zum
einen neugierig macht, zum anderen Hoffnung weckt und den Impuls
verleiht, sich einigen persönlichen Krisen, Fehlverhalten und latent schlummernden Schuldgefühlen mit Gottes Hilfe neu zu stellen. Dazu führte Dr.
Thiermeyer eine Reihe von Beispielen an, allen voran das Gleichnis vom verlorenen Sohn, das bei genauer Betrachtung eine ganze Reihe untergründiger
Schichten frei legt. Die Verlorenheit einer Seele war für Christus ja ein Hauptanliegen und tritt immer wieder in verschiedenen Textstellen (Gleichnis vom
verlorenen Schaf, von der verlorenen Drachme) auf den Plan. Er gibt uns damit Kunde von einem barmherzigen, gnädigen Gott und die Gewissheit, dass
nach dem Fallen auch wieder das Angenommen-werden möglich ist. Dies sollte auch für unsere moderne Gesellschaft große Bedeutung haben, die mit
Traumata, seelischen Erkrankungen und Zerrissenheit zu kämpfen hat. Aus all diesen Überlegungen und Ausführungen ergab sich der behutsame Ratschlag
des Referenten, im eigenen „Lebenshaus“ (Lebenskonzept) wieder einmal die Räumlichkeiten zu inspizieren: In welchen Räumen (des Herzens) wohnt Gott
mit uns? In welche Räume vermeiden wir, hinein zu schauen? Was müssen wir ausräumen? ... Von Lasten befreit lässt es sich mit festem Vertrauen wieder
leichter in die Zukunft schauen.
Der zweite Schwerpunkt der Einkehrtage waren die Gottesdienste, die in der wunderschönen Kapelle des Collegium Orientale gefeiert wurden. Ein
„Totengedächnis“ (Pannychida) ist wohl jedem Teilnehmenden ein besonderes Anliegen, aber auch die Chrysostomus-Liturgie, die Große Vesper und - wie
jedes Jahr während der Einkehrtage – die Vesper mit dem Versöhnungsritus sind für jeden Einzelnen besondere Erlebnisse, von denen man noch lange im
Alltag zehrt. Darüber hinaus ergab sich manch ein ernsthaftes, gutes Gespräch, spannende abendliche Diskussionen in der häuslichen Bar Jona,
freundschaftliche Unterhaltungen, gemeinsame Spaziergänge – und nicht zuletzt genügend freie Zeit, um die neu hinzugewonnenen Gedanken sorgfältig zu
analysieren und zu sortieren.
Dr. Larissa Kowal-Wolk